«Актуальные проблемы препо­да­ва­ния иностранных языков для профессионального общения». Поступившие работы

Krüger Antje

Nationale Oles Gontschar – Universität Dnipropetrowsk

AUFFÄLLIGKEITEN DES HEUTIGEN DEUTSCHEN SPRACHGEBRAUCHS IM GESELLSCHAFTLICHEN DISKURS

Aufgrund des derzeitigen Zustandes der deutschen Sprache wittern immer wieder Linguisten, Journalisten und Schriftsteller den Verfall und Untergang der Sprache. Sie werfen ihr Verlotterung und Vergröberung vor. Gegner dieser These argumentieren, dass die Sprache sich ständig wandele und der Vorwurf eines drohendes Verfalls schon viele Hundert Jahre ihre Entwicklung begleite.

Den Zustand einer Sprache zu einem bestimmten Zeitpunkt betrachten zu wollen, ist ein kompliziertes Unterfangen – denn Sprache unterliegt einem stetigen Veränderungsprozess. Zudem ist es fast unmöglich, alle so genannten «Lekte» von Sprache zu untersuchen, also Dialekte, Soziolekte, Regiolekte usw. Aus diesen Gründen werden hier nur ausgewählte Auffälligkeiten aus verschiedenen Bereichen der Sprache angeführt sowie Argumente aus der gegenwärtigen Debatte um den Zustand der deutschen Sprache wiedergegeben.

Zunächst kann man feststellen, dass sich Veränderungen in einer Sprache meist zuerst in der gesprochenen Sprache bemerkbar machen. Von dort finden sie Eingang in die fixierte Form der Sprache, nämlich die geschriebene Sprache.

Betrachtet man den aktuellen  Wortschatz  des Deutschen, kann man einen zunehmenden Einfluss des Englischen nicht leugnen. Die Formen der Übernahme sind nicht nur reine Wortentlehnungen, sondern auch Lehnübersetzungen, -bedeutungen, -übertragungen sowie Scheinanglizismen. Bei Lehnübersetzungen setzt sich im Laufe der Zeit die Bedeutung des englischen Originals auch im Deutschen durch, z. B.  realisieren  nicht mehr im Sinne von  verwirklichen , sondern im Sinne  etw. wahrnehmen . Ebenso verhält es sich bei dem Adverb  absolut , bei dem heute eher die aus dem Englischen stammende Bedeutung  «stimmt!»  als Floskel einer Rückversicherung genutzt wird. Bei Scheinanglizismen wie dem bekannten Beispiel  Handy  kann man davon ausgehen, dass das englisch klingende Wort aus einem Irrtum heraus oder als absichtliche Wortschöpfung entstanden ist.

Nicht nur Anglizismen, sondern auch Fremdwörter aus anderen Sprachen sind meist zusammen mit den sie bezeichnenden Realia in die deutsche Sprache «eingewandert», z. B. Cappuccino .

Über reale Migrationsbewegungen kamen auch Begriffe und Erscheinungen besonders aus dem Arabischen und Türkischen in die deutsche Jugendsprache, z. B. die Anrede lan  aus dem Türkischen für «Typ, Kerl» [1]. Dieser Soziolekt wird hauptsächlich als «Kiezdeutsch» bezeichnet.

Mit dem Tempo der heutigen Zeit ändert sich auch die  Syntax : besonders Jugendliche bevorzugen kurze, einfach strukturierte Sätze. Hierbei ist nicht klar, ob neue Medien wie SMS, Chats oder Twitter mit ihren Begrenzungen in der Anzahl der Zeichen die gesprochene Sprache beeinflussen oder umgekehrt.

Bei einfachen Sätzen verschwindet auch immer stärker die von ausländischen Deutschlernern verhasste Satzstellung im Nebensatz mit der finiten Verbform am Satzende. Bisher betrifft dies Nebensätze nach den Konjunktionen  weil, obwohl, während  – doch die Tendenz steigt. Aus der gesprochenen Sprache hält das Phänomen «Verb auf der 2. Position im Nebensatz» auch Einzug in die geschriebene Sprache. Nur am Rande sei bemerkt, dass dieses Phänomen auch eine Bedeutungsveränderung der Konjunktionen nach sich zieht.

Aus dem Bereich Morphologie stammt das folgende kuriose Beispiel: in einigen Dialekten und zunehmend auch im gesprochenen Hochdeutschen verdrängt das Plusquamperfekt das Perfekt bei der Wiedergabe von Handlungen in der einfachen Vergangenheit. Um die ursprüngliche Funktion des Plusquamperfekts als Vorvergangenheit wieder auszufüllen, hat sich die neue Zeitform Perfekt II entwickelt: ich habe ge macht  gehabt. Anderen Theorien zufolge rührt das Entstehen des Perfekt II aus dem fehlenden Gebrauch von Plusquamperfekt und Präteritum in einigen Dialekten Süddeutschlands her: es mangelte an einer Möglichkeit, eine Vorvergangenheit auszudrücken.

Ebenfalls in den Bereich der Morphologie fällt eine übermäßige Verwendung der Endung  -s  sowie eines Apostrophen im Genitiv – wiederum eine Übernahme aus dem Englischen.

Eine Erscheinung, die nur bei geschriebenen Texten ins Auge fällt, ist die ans Englische angelehnte veränderte Orthographie von einzelnen Wörtern, z. B.  Mailde dich mal!  statt Melde dich mal!  Hier wird die Aussage  Melde dich mal per Mail!  durch die kleine Veränderung konkretisiert und gleichzeitig verkürzt.

Vereinfachung trifft auch auf die Morphologie zu: starke Verben erhalten zunehmend schwache Stammformen, z. B.  backen- backte/buk . Neue bzw. aus anderen Sprachen übernommene Verben werden konsequent schwach konjugiert.

Die  Debatte um die «Verkommenheit» der deutschen Sprache  wird vorwiegend im publizistischen bzw. populärwissenschaftlichen Rahmen geführt: Teilweise treten neue sprachliche Erscheinungen einfach zu plötzlich auf, um ihnen mit wissenschaftlichen Methoden folgen zu können und sie beizeiten in den wissenschaftlichen Diskurs aufzunehmen. Nicht zuletzt ist die Debatte um den Zustand der Sprache eine sehr emotionale, eher ein Merkmal publizistischer Texte.

Die Kritiker aktueller Erscheinungen in der deutschen Sprache verbünden sich in zahlreichen Vereinen wie dem Deutschen Sprachrat oder dem Verein für Deutsche Sprache, auf dessen Internetseiten man deutsche Äquivalente für Anglizismen finden kann. Diese Institutionen setzen sich aber nicht nur gegen ein Übermaß an Anglizismen ein, sondern auch für einen selbstbewussteren Umgang der Deutschen mit ihrer Muttersprache: «Wir wollen versuchen, unsere Landsleute für jenes unbefangene Vertrauen in ihre Muttersprache zu gewinnen, wie es Engländern und Franzosen, Spaniern und Italienern selbstverständlich ist» [2].

Selbst das Kabarett hat die Sprachkritik für sich entdeckt: der Romanist Bastian Sick, der zunächst nur in einer wöchentlichen Kolumne im SPIEGEL die sprachlichen Fehler und Ungenauigkeiten der Deutschen aufs Korn nahm, tourt nun mit abendfüllenden kabarettistischen Programmen zum Thema Sprachkritik durch Deutschland. Selbst wenn ihm Linguisten Pauschalisierung in der Wahl seiner Kritikpunkte vorwerfen, gestehen sie ihm doch zu, die Deutschen für ihren Umgang mit der Sprache sensibilisiert zu haben.

Gegner der These vom derzeitigen Sprachverfall des Deutschen sprechen von einem «fortwährenden Wandel» der Sprache (Guy Deutscher) oder von Sprache als lebendigem Konstrukt (Tanja Dückers), die sich lediglich verändern könne, aber nicht verfallen. Was besonders bei älteren Leuten heute die Angst vor Anglizismen ist, war gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Angst vor dem Einfluss der französischen Sprache. Es gibt gar Linguisten, die die Experimentierfreude mit der deutschen Sprache bewundern – vor Allem Jugendliche werden als «wahre Meister» beim Auffallen mit sprachlichen Mitteln betitelt (Rudi Keller).

Abschließend möchte ich die Titelfrage mit «NEIN» beantworten: die deutsche Sprache verkommt nicht, sie unterliegt nur einem ständigen natürlichen Wandel. Sicherlich wird es immer Kritiker von sprachlichen Veränderungen geben, dennoch sollte man auch sie überzeugen, die Veränderungen als kreative Bereicherung der Sprache zu betrachten. Gerade im Zuge der Globalisierung wäre es ein Verkennen der Wirklichkeit, eine Sprache vor äußeren Einflüssen schützen zu wollen.

Von den Sprachkritikern übernehmen könnte man eine allgemeine Empfehlung, selbstbewusst und kritisch die deutsche Sprache zu nutzen – jedoch ohne sich dem Sprachwandel in den Weg zu stellen.

Literaturverzeichnis:

1. Електронний ресурс. – Режим доступу: http//www.kiezdeutsch.de

2. Електронний ресурс. – Режим доступу: http//www.aktionlebendigesdeutsch.de